Kritik & Unser Fazit:
Es ist nur allzu offensichtlich, dass sich Angelina Jolie für ihre dritte Spielfilm-Regiearbeit vom europäischen Arthouse-Kino der '60er und '70er Jahre hat inspirieren lassen. So fühlt sich 'By the Sea' fast so an, als ob man eine Reise in die Vergangenheit machen würde - und zwar nicht nur, weil der vor der Kulisse der malerischen französischen Küste spielende Film Mitte der '70er Jahre angesiedelt ist, sondern weil auch seine ganze Machart an das Kino vergangener Tage erinnert. So hat man es mit einem Beziehungs-Drama zu tun, bei dem die Probleme des von Angelina Jolie und Brad Pitt gespielten Ehepaares im Mittelpunkt stehen aber man nur langsam erfährt, was der Grund für das eisige Verhältnis ist. Nur so viel: Der Film, anders als was es z.B. der Trailer andeutet, befasst sich mit einem komplexeren Thema als was man es zuerst denkt.

Trotzdem muss man sagen, dass Jolie das volle Potential ihres selbst geschriebenen und auch produzierten Films nicht ganz ausschöpft. So kommt 'By the Sea', nicht zuletzt aufgrund der schönen und träumerischen Bilder, etwas oberflächlicher daher, als was er es sein könnte.

Überhaupt ist es ein Film, bei dem sich viel zwischen den Zeilen abspielt und da sich die Story nur langsam entfaltet, muss man als Zuschauer durchaus ein bisschen Geduld aufbringen. Vor allem aber sollte man nicht die falsche Erwartung haben, dass es einem Jolie mit ihren Figuren einfach macht. Das Gegenteil ist der Fall: Weder der von Pitt gespielte erfolglose Autor, noch die von Jolie selbst gespielte ehemalige Tänzerin die sich in ihrer Ehe wie in einem Gefängnis fühlt sind wirkliche Sympathieträger - nicht zuletzt, da vor allem Jolies Figur eine moralisch höchst fragwürdige Entscheidung trifft und die voyeuristische Vorliebe der beiden, sie freunden sich mit einem frisch verheirateten Paar an und beobachten dieses über ein Loch in ihrer Hotelzimmer-Wand, tragische Folgen hat. Erst durch das Leid anderer scheint sie sich besser zu fühlen.

So hat der Film eine durchaus interessante Story zu bieten bei der eine komplexe Thematik behandelt wird und auch die Schauspieler wissen zu überzeugen. Trotzdem steht es ausser Frage, dass 'By the Sea' mit einer Laufzeit von über zwei Stunden ungefähr 15-20 Minuten zu lang geraten ist. Eine straffere Inszenierung und eine detailliertere und vielleicht nuanciertere Charakterisierung der Figuren wäre von Vorteil gewesen um aus dem Film ein Drama mit echtem Tiefgang zu machen, aber so verharrt man etwas zu sehr auf der Oberfläche und nur selten baut sich die Distanz zu den Figuren etwas stärker ab - was jedoch auch auf die Inspiration des Films, also dem ohnehin schwerer zugänglichen europäischen Arthaus-Kino, geschuldet sein könnte.

Gerade weil 'By the Sea' kein Massenpublikum ansprechen konnte und an den Kinokassen gefloppt ist, hat man Jolie und Pitt vorgeworfen, der Film sei nur ein Ego-Projekt. Zum Teil sicherlich wahr, aber zumindest versuchen die beiden, sich künstlerisch weiter zu entwickeln.

Und als künstlerisch darf man 'By the Sea' durchaus bezeichnen, wobei Jolie, die in den Credits als Angelina Jolie Pitt aufgeführt, die wunderschöne französische Küstenlandschaft perfekt zu ihren Gunsten einsetzt. Dank einer hervorragenden Kameraarbeit von Christian Berger, der schon mit seiner Kameraführung für Das weisse Band begeisterte, kommen die stimmigen Bilder auch rein qualitativ bestens zur Geltung und überzeugen auf der hier vorliegenden Blu-ray auf sehr hochwertigen Niveau. Der Ton kommt, nur schon genrebedingt, ein bisschen zurückhaltend, aber dennoch stimmig rüber und auch wenn das Bonusmaterial der Disc wenig ausschweifend