Kritik & Unser Fazit:
'Marnie' oder: Das Ende einer Ära. Feierte Alfred Hitchcock mit Psycho und Die Vögel zwei der grössten Erfolge seiner Karriere, musste er mit dem 1964 veröffentlichten Mystery-Drama einen Flop hinnehmen, der nicht nur beim Publikum, sondern auch den Kritikern durchfiel - und bis heute zu den Filmen gehört, die sogar die Fans der britischen Regie-Ikone spaltet. Dabei verfügt die Verfilmung der Buchvorlage von Autor Winston Graham im Prinzip über sämtliche Zutaten, die einen Hitchcock-Film so unverwechselbar machen und bietet eine gute Mischung auf Suspense, Mystery und einer Prise unterschwelliger Sexualität - was den Film vor allem für frühe '60er Jahre-Verhältnisse, vor allem dank einer Vergewaltigungs-Szene, gewagt wirken lässt. Anders als bei vielen anderen von Hitchcocks Filmen steht aber nicht die Story, sondern die Hauptfigur im Mittelpunkt.

Die ursprünglich für Grace Kelly gedachte Rolle wird von Tippi Hedren mit der dazu passenden Mischung aus Verletzlichkeit und Unterkühltheit gespielt - und schafft es dabei, ihrer psychisch angeknacksten Figur ein paar Sympathiepunkte abzugewinnen.

Keine einfache Aufgabe, denn Marnie gehört zu den komplexeren Figuren in Hitchcocks Filmografie und wird vom Meisterregisseur auf fast schon schonungslose Art und Weise durchleuchtet. Man ahnt zwar schon relativ früh, was Marnies Psychose ausgelöst haben könnte, aber Hitchcock nimmt sich erstaunlich viel Zeit, um die seelischen Abgründe der kleptomanisch veranlagten Schönheit zu ergründen - fast zu viel muss man sagen, denn der mit einer Laufzeit von 130 Minuten deutlich zu lang geratene Film leidet vor allem im letzten Drittel unter ein paar sehr langatmigen Szenen und kommt fast nicht vom Fleck. Dramaturgisch mag der Film gut umgesetzt sein, hat seine spannenden Momente und kommt psychologisch gut durchdacht daher, kommt schlussendlich aber doch etwas unspektakulärer daher, als was man es von Alfred Hitchcock erwarten würde.

So kann man nur spekulieren, ob Reibereien hinter den Kulissen für die inhaltlichen Schwächen verantwortlich waren - schliesslich sollen Hitchcock und Hauptdarstellerin Hedren gegen Ende der Dreharbeiten kein Wort mehr miteinander gewechselt haben und sich dermassen verkracht haben, dass Hitchcock persönlich dafür sorgte, dass Hedren in Hollywood nicht mehr richtig Fuss fassen konnte. Dabei handelt es sich im einen Film, der - zumindest ansatzweise - zu überzeugen weiss und auch eine gewisse Faszination ausstrahlt. In jedem Fall hebt er sich durch seine (tiefen-) psychologische Herangehensweise von allen anderen Hitchcock-Filmen ab und auch wenn 'Marnie' tatsächlich das Ende einer Ära markiert, es ist die letzte Zusammenarbeit mit einigen seiner langjährigen und vertrautesten Mitarbeiter, dann ist er dennoch sehenswert.

Wenn es um die technische Umsetzung des Films auf dem hochauflösenden Format geht, sollte man seine Erwartungen allerdings nicht allzu hoch ansetzen - was nicht nur am Alter von 'Marnie' liegt, sondern auch an einigen stilmittel- und quellbedingten Problemen. Die diffuse Beleuchtung mag dem Bild einen träumerischen Look verleihen, aber das vorhandene Korn, das zuweilen sehr stark, ja fast massiv ist, wird wohl so manchem Zuschauer die Freude am Film verderben. Trotzdem: Besser als frühere Homevideo-Fassungen sieht 'Marnie' auf der hier vorliegenden Blu-ray, die über einen zufriedenstellenden deutschen Mono-Ton verfügt, allemal aus. Die Extras bieten dank