Kritik & Unser Fazit:
'Nocturnal Animals', nach A Single Man die zweite Regie-Arbeit von Fashion-Guru Tom Ford, beginnt mit einem bizarren, fast schon verstörenden Vorspann: Viel nackte Haut, jedoch in unförmiger Verpackung - und damit alles andere als jedermanns Geschmack. Das trifft aber auch für den restlichen Film zu, denn Regisseur Ford, der auch das Drehbuch des auf der Romanvorlage von Autor Austin Wright basierenden Films geschrieben hat, liefert keinen massentauglichen Film ab. So ist der Film ganz klar im Arthouse-Bereich angesiedelt und erzählt eine komplexe Story in stylischen, z.T. minutiös in Szene gesetzten Bildern - wobei man sagen könnte, dass in der Brust von 'Nocturnal Animals' gleich zwei Herzen schlagen: Ein Kunstfilm und ein rauher Thriller. Keine einfache Aufgabe, die beiden Genres zu verknüpfen, aber Regisseur Ford schafft dies mittels einer unkonventionellen Erzählstruktur die auf mehreren Ebenen spielt.

Ford geht gezielt vor und durchleuchtet das Seelenleben seiner Figuren mit einer gewissen Distanz, legt aber eine ungeheuere metaphorische Qualität an den Tag und liefert mit vielen kleinen, z.T. nur subtilen Hinweisen zusätzliche Informationen dazu, was hier vor sich geht.

Tatsächlich braucht es eine ganze Weile, bis man 'Nocturnal Animals' durchschaut hat. Themen wie Rache, Erlösung und Selbstfindung geben sich hier die Hand und werden zu einem überaus vielschichtigen Ganzen verwoben, bei dem nicht immer klar ist, was Real und was Fiktion ist - und es erst allmählich offensichtlicher wird, was der von Jake Gyllenhaal gespielte Ex-Ehemann von Amy Adams' Figur mit seinem selbstgeschriebenen Roman wirklich bezweckt. Regisseur Ford behilft sich einer grossartig umgesetzten Bildsprache und nutzt den Schnitt, insbesonders bei Szenenübergängen, für seine Zwecke nahezu perfekt aus. Rein visuell ist 'Nocturnal Animals' ein stilistisches Meisterwerk bei dem die drei Erzählebenen rein bildlich zwar klar trennbar sind, aber dennoch bestens zueinander passen und dabei auch jeweils die passenden Gefühle vermittelt.

Dennoch bleibt der Film, so packend und verstörend vereinzelte Momente auch sein mögen, rein emotional ein bisschen distanziert. Das mag so gewollt sein, lässt aber vor allem das letzte Drittel ein bisschen langatmig, um nicht zu sagen zäh wirken. Dennoch verübt der Film auch in seinen schwächeren Momenten eine kuriose Faszination auf einen aus. Ausserdem leistet sich der Film bei seinen Darstellern keine Schwächen und nicht nur Amy Adams und Jake Gyllenhaal, sondern auch Aaron Taylor-Johnson als ekelhafter Redneck-Rüpel liefern ein nuanciertes und glaubhafte Darstellung ab, die dem Film ein paar zusätzliche Extrapunkte beschert. Wie gesagt alles andere als massentauglich und über weite Strecken gewagt und anspruchsvoll, aber dafür ist 'Nocturnal Animals' eines der gelungeneren filmischen Experimente der letzten paar Jahre.

Ebenfalls Lob gibt's für die technische Umsetzung, denn der traditionell auf Zelluloid gedrehte dramatische Thriller macht bildtechnisch eine gute und vor allem sehr filmische Figur auf dem hochauflösenden Format. Zwar werden einem keine wirklichen Referenzwerte geboten und es schleichen sich ein paar vereinzelte Mankos ein, aber das Bild kann man als sehr ansehnlich bezeichnen. Der Ton hinterlässt ebenfalls einen ziemlich guten, wenn auch grösstenteils sehr unspektakulären und zudem stellenweise frontlastigen Eindruck - was jedoch zum Inhalt des Films recht gut passt. Einblicke in die Entstehung der Produktion gibt's mittels einer etwas kurz