Kritik & Unser Fazit:
Nachdem Hollywood immer mehr in übertriebene Political Correctness verfällt und seine Filmemacher damit unnötig in ihrer Kreativität einschränkt, schweift der Blick von Liebhabern des anspruchsvolleren Kinos immer öfters in andere Länder ab - und auch wenn sich der südkoreanische Regisseur Park Chan-Wook erst vor wenigen Jahren mit Stoker auch am Hollywood-System versucht hat, dann ist seine Rückkehr zu seinen Korea-Wurzeln umso gelungener. Mit 'Die Taschendiebin' liefert der gefeierte Filmemacher nämlich einen Film ab, der gekonnt mit den Erwartungen seines Publikums spielt und mit einigen clever platzierten Twists nicht nur für verschiedene Überraschungen sorgt, sondern überschreitet mit seinem aus drei deutlich separierten Akten bestehendem Film die Grenzen des konventionellen Arthouse-Films.

Dabei wird in 'Die Taschendiebin' sehr viel Haut gezeigt und man schweift gelegentlich auch in brutalere Gefilde ab, aber man hat nie den Eindruck, dass Park Chan-Wook auf plumpe Art und Weise provozieren und eine Kontroverse generieren will. Hier passiert alles im Kontext der Story.

Diese lässt sich vom Bestseller 'Solange du lügst' von Autorin Sarah Waters inspirieren und verlegt die Handlung vom viktorianischen London in ein von Japan besetztes Korea der 1930er Jahre. Das ermöglicht dem Regisseur eine eigenwillige Bildsprache die koreanische, japanische und westliche Einflüsse vereint und damit der intimen Liebesgeschichte einen ganz eigenen Flair und Charme verleiht. Der Film ist dank seiner Detailverliebtheit aber nicht nur wunderbar anzusehen, sondern kommt auch rein inhaltlich geradezu meisterhaft daher. So erzählt der Film nicht nur die für damalige Zeiten ungewöhnliche Geschichte einer Liebe von zwei Frauen, sondern greift auf elegante Weise auch die Schwierigkeiten der unterschiedlichen Kulturkreise und Stände auf - und alles spielt in einem Netz aus Betrug, Täuschung, Gier, Lust und Liebe.

So werden in 'Die Taschendiebin' nicht nur die Zuschauer auf eine falsche Fährte geführt, sondern auch seine Figuren werden konstant neuen Täuschungen ausgesetzt. Es liegt jedoch nicht nur an der perfekt durchdachten Struktur des Films, dass 'Die Taschendiebin' mehr als nur ein Kostümdrama ist und sich zusehends zu einem feinsinnigen Thriller entwickelt, sondern auch an den hervorragenden Darstellern. Diese geben mit ihrem nuancierten Spiel ihren erstaunlich authentisch wirkenden Figuren die nötige Tiefe und beweisen auch immer wieder ein bisschen Selbstironie - was dem Film, zumindest stellenweise, eine fast schon leichtfüssige Note verleiht. Trotzdem setzt sich der Film mit den düsteren Aspekten der menschlichen Seele auseinander.

'Die Taschendiebin' ist ein kunstvoll inszenierter Film der sein Publikum fordert, aber dennoch nicht überfordert und ist trotzdem anspruchsvoll genug, um sich mit seinem einzigartigen Mix aus Drama, Romanze, Erotik und Thriller vom Hollywood-Einheitsbrei sehr gekonnt abzuheben.

Auch in technischer Hinsicht macht 'Die Taschendiebin' eine sehr gute und vor allem hochwertige Figur und punktet auf der hier vorliegenden Blu-ray mit einem Bild, an dem es - bis auf einen gelegentlich zu hellen Schwarzwert und wenige Banding-Artefakte - nichts zu bemängeln gibt. Kommt hinzu, dass auch der Ton zu überzeugen weiss und ein wesentlich abwechslungsreicheres Surround-Sounddesign zu bieten hat, als was man es von einem Film dieser Art erwarten würde.